23. März 2015

Lohnt sich Daten­schutz über­haupt noch?

Mit Daten­schutz verbinden viele Menschen, dass das Arbeiten mit modernen Kommu­ni­ka­ti­ons­mit­teln erschwert wird. Diese Annahme wird durch die von mir ausge­ge­benen These „mehr Daten­schutz = weniger Komfort“ noch verstärkt.

Aber was bedeutet es anders­herum, dem Daten­schutz nicht die Bedeu­tung zu geben, die viele Experten – und auch ich – fordern? Ein Grund­be­dürfnis von Privat­per­sonen und Unter­nehmen ist es, dass nur „Berech­tigte“ den Zugriff auf persön­liche oder unter­neh­me­ri­sche Daten haben.

Abhängig von der Schutz­wür­dig­keit der Infor­ma­tionen muss jedes Unter­nehmen die tech­ni­schen und orga­ni­sa­to­ri­schen Maßnahmen so gestalten, dass ein „vernünf­tiger“ Daten­schutz gewähr­leistet ist. Ein „Zuviel“ an Daten­schutz kann jedoch auch das Gegen­teil bedeuten. Das Thema Daten­schutz ist unter anderem im Bundes­da­ten­schutz­ge­setz gere­gelt, dass demnächst durch eine einheit­liche EU-Daten­schutz­ge­setz­ge­bung abge­löst werden soll.

Der Zukunfts­for­scher Franz-Josef Rader­ma­cher, Mitglied des Club of Rome, hat anläss­lich einer Lions-Veran­stal­tung verdeut­licht, was es für uns bedeutet, wenn maßlos persön­liche Daten und unser Nutzungs­ver­halten gesam­melt und verar­beitet werden. Prof. Rader­ma­cher erläu­terte, dass es gar nicht mehr notwendig sei, Sensoren im Körper zu imple­men­tieren, um zu wissen, was eine Person (demnächst) vorhat. Durch die Viel­zahl der Infor­ma­tionen, die viele Menschen frei­willig und mit großer Freude über sich in den diversen Netz­werken, wie z. B. Face­book und Whatsapp, oder über neue „Uhren“ (http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/apple-watch-im-gesundheitsmarkt-die-uhr-die-alles-wissen-will-1.2126250) preis­geben, sind die Betreiber dieser Netz­werke in der Lage, vorher­zu­sehen, was wir in der Zukunft vorhaben oder was mit uns gerade passiert.

Sehe ich das zu kritisch? Bin ich ein Verhin­derer von neuen Inno­va­tionen?

Beur­teilen Sie selbst. Fall 1: Ich nutze eine moderne Uhr, die meinen Puls und andere Gesund­heits­daten online erfasst. Ich kann mir jeder­zeit einen Status über meine aktu­elle körper­liche Situa­tion abrufen. Der Betreiber erhält eine Infor­ma­tion, wenn die Uhr einen kriti­schen Zustand meines Körper signa­li­siert und infor­miert auto­ma­tisch die Rettung. Da ich über die Uhr auch geortet werden kann, ist meine Rettung gesi­chert. Fazit: Ich werde auf Kosten der Preis­gabe von sehr persön­li­chen Infor­ma­tionen höchst­wahr­schein­lich gerettet.

Fall 2: Ich werde von einem mögli­chen Arbeit­geber abge­lehnt, da er (in Deutsch­land noch nicht erlaubt) von dem Betreiber der Uhr mein Profil gekauft hat und fest­ge­stellt hat, dass es um meine Gesund­heit nicht zum Besten steht und er mit meiner poli­ti­schen Einstel­lung nicht einver­standen ist. Fazit: Ich werde benach­tei­ligt, ohne es zu wissen.

Jeder sollte über­legen, ob er wirk­lich diese Tech­no­lo­gien in der aktuell daten­schutz­recht­lich kriti­schen Form nutzen will. Auch kann es passieren, dass Infor­ma­tionen nach­teilig gegen uns einge­setzt werden. Eine schnelle und viel­leicht unüber­legte Kommen­tie­rung in Face­book kann den Job kosten. Oder eine Versi­che­rung wird abge­lehnt, weil wir eine Risi­ko­s­portart betreiben. Das sollte immer bedacht werden, denn das Internet vergisst nie.

Ich bin kein Gegner dieser Tech­no­lo­gien, fordere aber hier einen sensi­blen und bedachten Umgang jedes Einzelnen und einen besseren Schutz der Persön­lich­keits­rechte. Es wird sicher­lich schwer werden, die wirt­schaft­li­chen Inter­essen einiger weniger Netz­werk­be­treiber mit unseren Inter­essen als Nutzer unter einen Hut zu bringen.

Fest­zu­halten ist, dass unsere persön­li­chen Daten das neue „Daten­gold“ der Zukunft sind. In einem Artikel der „Zeit“ aus 2013 (http://www.zeit.de/2013/02/Big-Data) wird fest­ge­stellt, dass sich die Menge der Daten, die inner­halb eines Jahres erstellt, verviel­fäl­tigt und konsu­miert werden, bis 2020 alle zwei Jahre verdop­pelt.

Meist bezahlen wir für die Nutzung der Netz­werke nicht in Euro, sondern mit unseren persön­li­chen Daten, die verkauft werden. Und das ist für die Betreiber so inter­es­sant, dass sie weitere neue Netz­werke erfinden werden, um noch mehr Milli­arden damit zu verdienen.

Diese Entwick­lung beun­ru­higt mich, da bereits jetzt schon sehr wenige Konzerne alles über uns wissen und die Daten­nut­zung dem unter­neh­me­ri­schen Gewinn­streben unter­werfen. So werden wenige Menschen zum Kontrol­leur und Vermarkter der persön­li­chen Infor­ma­tionen. Ein alter Spruch sagt „Wissen ist Macht“. Der Spruch trifft hier zu 100 % zu.

Mein Tipp aus Sicht eines Daten­schutz­ex­perten: Zahlen Sie, wenn möglich, für die Nutzung von Diensten mit „Euro“ (z. B. Threema anstelle von Whatsapp), und Ihre Daten werden nicht auto­ma­tisch zur Geld­quelle für andere. Denken Sie immer daran, es gibt kein Netz­werk, dass Sie „umsonst“ nutzen können! Posten Sie nur Infor­ma­tionen, die Sie auch ans Schwarze Brett hängen würden, denn jede Sicher­heits­ein­stel­lung zum Schutz der Infor­ma­tionen könnte vom Betreiber zurück­ge­nommen werden, und schon können vertrau­liche Infor­ma­tionen über Sie für unbe­rech­tigte Dritte verfügbar werden.

 

http://www.lfd.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=12974&article_id=56140&_psm
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Josef_Radermacher