3. März 2014

Social-Media-Recrui­ting: den Rich­tigen finden

Online-Anzeige, Xing-Empfeh­lung, YouTube-Video – im Internet können Firmen sich auf viele Arten für Bewerber inter­es­sant machen. Aber wer die Eigen­heiten der Kanäle nicht beachtet, trifft leicht den falschen Ton oder verzet­telt sich.

Autor: Ange­lika Knop

Werner Deck nimmt den drohenden Fach­kräf­te­mangel im Mittel­stand ernst. Und auf die damit verbun­denen Heraus­for­de­rungen hat er eine Antwort. Der Geschäfts­führer der Maler­deck GmbH in Eggen­stein bei Karls­ruhe macht seinen Hand­werks­be­trieb durch eine umfas­sende Inter­net­prä­senz zur Arbeit­ge­ber­marke. Damit poten­zi­elle Bewerber das Unter­nehmen sympa­thisch finden und dort anfangen wollen, berichtet er in sozialen Medien wie Twitter, Face­book und Google­plus sowie im Blog auf seiner eigenen Website über Neues aus Betrieb und Branche: über Lob und Kritik von Kunden, über erfolg­reiche Azubis, über eine Krank­heits­welle – und natür­lich über offene Stellen. „Das bringt gigan­ti­sche Mund­pro­pa­ganda“, so Werner Deck. „Als Arbeit­geber wirken wir viel attrak­tiver.“ Rund zehn Initia­tiv­be­wer­bungen im Jahr kommen über das Netz. Lehr­stel­len­be­werber kommu­ni­zieren beson­ders gerne über Face­book. „Mit einem habe ich dort schon alles abge­wi­ckelt, bis zum Termin für das Vorstel­lungs­ge­spräch.“

Wie die Maler­deck GmbH suchen immer mehr Betriebe auch im Internet nach Personal. Sie präsen­tieren auf der Home­page, in Jobbörsen und sozialen Medien den Betrieb und offene Stellen. Damit reagieren sie auf das sich ändernde Infor­ma­ti­ons­ver­halten vor allem junger Leute. Die blät­tern kaum noch den Stel­len­teil der Tages­zei­tung durch, sondern infor­mieren sich vor allem im Netz über Joban­ge­bote. Und nach einer Studie des High­tech­ver­bands BITKOM sieht sich dort dann auch jeder Vierte die Bewer­tungen von Firmen als Arbeit­geber an. „Unter­nehmen sind längst Gegen­stand des Erfah­rungs­aus­tauschs im Netz“, sagt BITKOM-Präsi­dent Professor Dieter Kempf. „Wer ein gutes Arbeits­um­feld bietet, profi­tiert davon, dass er im Web empfohlen wird.“

Den passenden Ton treffen Jeder Auftritt im Netz kostet aber Zeit und Geld. Daher sollten vor allem kleine Firmen genau über­legen, wie und auf welchen Kanälen sie um Personal werben, um sich nicht zu verzet­teln. Immerhin veran­schlagten laut Social-Media-Recrui­ting-Studie 2012 der Unter­neh­mens­be­ra­terin Eva Zils 69 Prozent der Befragten für entspre­chende Akti­vi­täten maximal 5.000 Euro. Daher sollte der Einstieg ins Social-Media-Recrui­ting einer Stra­tegie der kleinen Schritte folgen und erst dann mit einem Aufwand betrieben werden wie bei der Maler­deck GmbH, wenn der Firmen­chef sich das leisten kann und will.

Zum Auftakt empfiehlt sich Werbung in sozialen Medien, vor allem wenn eine Stelle schnell besetzt werden soll. „Dann ist die beste Wahl eine Anzeige mit den rich­tigen Schlag­worten, die so den passenden Kandi­daten ange­zeigt wird“, rät Mona Szyperski, die bei der Flex­Base GmbH in Düssel­dorf alle Social-Media-Kanäle betreut, auf denen der Dienst­leister für seine Kunden Personal sucht. Sie sagt: „Die Kunst ist, die rich­tigen Kanäle zu wählen und dort den rich­tigen Ton zu treffen.“

Auf Xing etwa erwarten 6,5 Millionen Berufs­tä­tige im deutsch­spra­chigen Raum, dass man sie siezt. Auf Face­book dagegen ist das „Du“ gebräuch­lich – obwohl längst nicht alle der 19 Millionen täglich aktiven Nutzer jugend­lich sind. Auf Twitter muss man das rich­tige Hashtag wählen, ein Such­wort mit voran­ge­stelltem # – aber sparsam, sonst ist die maximal 140 Zeichen umfas­sende Botschaft unle­ser­lich. Auf der Online-Pinn­wand Pinte­rest plat­ziert Mona Szyperski Bilder von Info-Abreiß­zet­teln, die man vom Schwarzen Brett kennt. Vor allem Einstei­gern in die Perso­nal­suche via soziale Medien rät sie: „Wichtig ist, nur so viele Kanäle aufzu­ma­chen, wie man im Blick behalten kann.“ Wer nicht in ange­mes­sener Zeit auf Bewer­bungen, Fragen oder Kommen­tare reagiert, wird schnell öffent­lich kriti­siert – und das schadet dem Image.

Den rich­tigen Kanal wählen Achim Schütz hat gute Erfah­rungen mit dem Recrui­ting über Xing gemacht. Für seine vor drei Jahren mit einem Partner gegrün­dete bank manage­ment consult GmbH & Co. KG in Göttingen sucht er dauernd neue Mitar­beiter. Einen jungen Mitar­beiter fand er in dem sozialen Netz­werk über eine schlichte „Pay-per-Klick-Anzeige“. Für die Suche nach einem Experten mit viel Berufs­er­fah­rung inves­tierte er mehr Geld und ließ die Anzeige mit seinem Firmen­logo aufwerten. An den Profilen der Inter­es­senten, die sich melden, erkennt er, ob jemand über­haupt infrage kommt. Dann fordert er eine Bewer­bung an. „Aber insge­samt passt die Auswahl relativ gut“, hat Schütz fest­ge­stellt. Deshalb ist dies für ihn die zeit- und kosten­güns­tigste Art der Perso­nal­suche.

Die Mitar­beiter einbinden Ein weiterer Vorteil von Netz­werken wie Xing: Man kann die Profile der Mitglieder durch­forsten und gezielt Spezia­listen anspre­chen, ob sie ins eigene Unter­nehmen wech­seln wollen. Und man bekommt Empfeh­lungen von Online-Bekannten, welche Kandi­daten man sich ansehen sollte. Deshalb ist das Jobportal Xing nach einer Forsa-Umfrage bei Perso­nal­ma­na­gern die belieb­teste Platt­form für die Perso­nal­suche. Sie wird von 62 Prozent genutzt, nur 15 greifen auf eine klas­si­sche Jobbörse zurück. Auch Achim Schütz will auf Xing weiter Mitar­beiter suchen – falls er Zeit und Personal dafür findet, viel­leicht sogar mit einem eigenen Firmen­auf­tritt, um dort noch sicht­barer zu sein.

Eine Präsenz im Netz sollte unbe­dingt authen­tisch sein und den Geschmack der Ziel­gruppe treffen. „In den meisten Netz­werken sollte man nicht zu förm­lich agieren, sondern Ecken und Kanten zeigen“, rät Anika Geisel, Senior-Bera­terin bei der Eck Consul­ting Group in München. Feste, Sport­tage, soziales Enga­ge­ment oder Porträts der Mitar­beiter seien auch für Bewerber inter­es­sant. „Und die Social-Media-Welt ist visuell“, betont Geisel. Wichtig sei es, mit Fotos und Videos zu arbeiten, sie even­tuell auf einem eigenen YouTube-Kanal zu veröf­fent­li­chen. Wer Mitar­beiter mit Bild ins Netz stellt, muss sie natür­lich vorher um Einver­ständnis bitten. Aber wenn die dann solche Posts mit Freunden teilen oder „Gefällt mir“ drücken, kann das der erste Schritt zu einer Fange­meinde im World Wide Web sein.

Quelle: TRIALOG, Das Unter­neh­mer­ma­gazin Ihrer Berater und der DATEV, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg, Ausgabe 01/2014